5) Ausgesuchte Erkrankungen:
5.1 Traumatologie:
5.1.1 Frakturen:
Frakturen entstehen bei direkter oder indirekter Gewalteinwirkung auf den Knochen. Man unterscheidet traumatische (1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 16) und pathologische (1) Frakturen. Zu einer pathologischen Fraktur kommt es, wenn ein erkrankter Knochen (Metastase, metabolische Erkrankung) bricht.
Allgemeine Frakturzeichen:1) Aufhellungslinie 5 6 8 13
2) Spongiosabälkchen unterbrochen 1 2 3 4
3) Kortikalisstufe 1 2 3
4) scharf begrenzte oder "ausgefranste" Knochenfragmente
5) verdichtete Spongiosa bei eingestauchter Fraktur 10
6) Weichteilschwellung und/oder Hämatom 4 10
Als Frakturen können folgende Veränderungen fehlgedeutet werden:
- Gefäßkanälchen
- Projektionseffekte
- Epiphysenfugen
- Apophysen und accessorische Knochen und Knochenkerne 15Man unterscheidet Quer-, Schräg- und Spiralfrakturen, Stück- (mehr als 2 Fragmente) und Trümmerfrakturen (mehr als 6 Fragmente), sowie Kompressionsfrakturen.
Hinsichtlich der Fragmentstellung unterscheidet man
- Abknickung der Knochenlängsaches (Dislocatio ad axim) - z.B. nach lateral
- verschiebung zur Seite (Dislocatio ad latus)
- Verschiebung entlang der Knochenlängsachse (Dislocatio ad longitudinem)
- Rotationsfehlstellung (Dislocatio ad peripheram)
5.1.2 Verletzungen der Gelenke und Bänder:
Die Schulterluxation 17 ist die häufigste Luxation. Hierbei unterscheidet man wiederum die häufigen subacromialen (vorderen) von den selteneren axillären und hinteren schulterluxationen. Begeleitend kommt es nicht selten zu einem Abriß des Tub- majus, einer Impression an der hinteren Humeruskopfkontur (Hill-Sachs Delle) und einem knöchernen Abriß am unteren Pfannenrand (Bankard-Läsion).
5.2 Knochen-, Gelenk- und Weichteilentzündungen:
Knochen- und Weichteilinfektionen entstehen im Rahmen einer Bakterieämie durch hämatogene Absiedlung oder weitaus häufiger im Rahmen von Wundinfektionen nach Traumen oder Operationen. Während die Untersuchung entzündlicher Weichteilprozesse vornehmlich durch die Sonographie bzw die MRT erfolgt, spielen konventionelle Röntgenaufnahmen in der Diagnostik von Osteomyelitiden eine wichtige Rolle. Diese sind gekennzeichnet durch eine häufig mottenfraßartige Knochendestruktion, in deren Umgebung nicht selten eine Verdickung des Periostes (sog. "Periostreaktion") nachzuweisen ist. Entzündliche Gelenkerkrankungen können eine Reihe unterschiedlicher Ursachen haben. Von erregerbedingten Arthritiden sind die Arthritiden des rheumatoiden Formenkreises sowie Arthritiden im Rahmen verschiedener Kollagenosen (zB Lupus erythematodes, Sklerodermie, Dermatomyositis) abzugrenzen, bei denen die Entzündung immunpathologisch induziert ist. Eine wichtige Stellung nimmt die rheumatoide Arthritis 20 (chronische Polyarthritis) ein, bei der es neben der Polyarthritis auch zu Entzündungen an Sehnenscheiden, Bursen, Gefäßen und inneren Organen kommen kann. Charakteristische Röntgenbefunde lassen sich in unterschiedlichen Regionen des Bewegungsapperates finden (Finger, Hände, Ellenbogen, Schulter, Füße, Kniegelenke oder der HWS). Zu suchen ist nach Weichteilschwellungen, gelenknahen Osteoporosen (sog. "Kollateralphänomen"), Erosionen (insbesondere in den "bare areas" im Bereich der Kapselansätze), Gelenkspaltverschmälerungen, umschriebenen Osteolysen (sog. "Signalzysten" im Gelenksockel) und - im fortgeschritteneren Stadium - Gelenkzerstörungen (Mutilationen) mit entsprechenden charakteristischen Fehlstellungen (zB Ulnardeviation der Fingergrundgelenke). Im Spätstadium kann der Prozess in eine knöcherne Überbrückung des ehemaligen Gelenkes (Ankylose) übergehen.
5.3 Degenerative Knochen-, Gelenk- und Weichteilerkrankungen:
Da ebenfalls mit einer schmerzhaften Funktionseinschränkung einhergehend, stellen degenerative Gelenkerkrankungen eine wichtige Differentialdiagnose zu den entzündlichen Gelenkerkrankungen dar. Im Gegensatz zur Arthritis, bei der der zerstörende Gelenkprozess primär auf eine Synovialitis zurückzuführen ist, basiert die Gelenkdestruktion bei der Arthrose primär auf einer Knorpeldegeneration. Diese kann ohne erkennbare Ursache meist im höheren Lebensalter als sog. primäre Arthrose entstehen oder - dann häufig auch schon früher - als sekundäre Arthrose auf Ursachen wie z.B. eine posttraumatische Gelenkfehlstellung oder eine angeborene Gelenksdysplasie zurückzuführen sein. Sekundäre Arthrosen können darüber hinaus auf Grund der Knorpelschädigung auch auf dem Boden primär entzündlicher Gelenkerkrankungen entstehen, wie es umgekehrt bei primär degenerativen Prozessen auf Grund der Gelenkfehlstellung und des Knorpeldetritus zu einer Entzündungsreaktion an der Synovialis kommen kann. Trotz der sich hieraus ergebenden Überschneidungen in der radiologischen Diagnostik, ist das Erkennen der primären Ursache einer Gelenkerkrankung wichtig auf Grund der unterschiedlichen Therapieansätze bei entzündlichen bzw. degenerativen Prozessen. Ein wichtiges Arthrosezeichen im Röntgenbild ist die durch die Knorpeldegeneration entstehende Gelenkspaltverschmälerung. Während bei entzündlichen Gelenkerkrankungen meist der ganze Gelenkspalt betroffen ist, ist für die Arthrose eine Betonung der Belastungszonen des Gelenkes typisch. Der Knochen reagiert auf die geringer werdende Stoßdämpferwirkung des erkrankten Knorpels mit einer reaktiven Osteosklerose (subchondralen Sklerosierung), die sich im Röntgenbild als Verdichtungszone im Bereich des subchondralen Knochens zeigt. In den entlasteten Gelenkanteilen an den Gelenkrändern entstehen knöcherne Randanbauten (Osteophyten), die als Versuch des Knochens interpretiert werden können, die Belastungszone zu verbreitern. Hält der Knochen der zunehmenden Belastung auf Dauer nicht stand, entstehen Mirkofrakturen im Bereich der gelenknahen Spongiosa und es kann zu einem Eintritt von Synovialflüssigkeit in den eingebrochenen Spongisaraum kommen. Es bilden sich sog. "Geröllzysten" 18, die im Röntgenbild als rundliche, ev. randsklerosierte Aufhellungen zu sehen sind. Auch bei der Arthrose kann es im Spätstadium zu Gelenkdeformierungen mit Fehlstellungen bis hin zu Mutilationen kommen.
5.4 Tumoren und tumorähnlichen Läsionen des Knochens:Bei der fibrösen Dysplasie (21)unterscheidet man den monostotischen und den polyostotischen Typ (monostotisch = 1 Knochen befallen, polyostotisch = mehrere Knochen befallen). Die monostotische fibröse Dysplasie zeigt keine Alterspräferenz und betrifft zumeist den Femur, die Tibia und Rippen. Die Läsionen im Rahmen der monostotischen fibrösen Dysplasie sind meist zentral nicht epiphysär. Die polyostotische fibröse Dysplasie zeigt einen aggressiveren Charakter, ist zumeist unilateral, betrifft das Becken, lange Röhrenknochen (hier vor allem den Femur), den Schädel und Rippen. Alterspräferenz ist zwischen den 2. und 25. Lebensjahr. Radiologisch findet sich der typische Milchglasaspekt, oft finden sich trabikuläre, septierte Läsionen. Die Corticalis ist ausgedünnt und glatt. Die Gefahr bei fibröser Dysplasie sind pathologische Frakturen.
Das Enchondrom (22)wird zumeist erst nach pathologischer Fraktur erkannt. Die Patienten sind zwischen 20 und 40 Jahre alt. Betroffen sind erster Linie die kurzen Knochen, hier insbesondere die Hand. Wichtigste Differentialdiagnose zum Enchondrom ist der Knocheninfarkt, welcher im Gegensatz zum Enchondrom keinen sklerotischen Saum und/oder Corticalisausdünnung zeigt. Treten Enchondrome multiple auf nennt man das einen Morbus Ollier. Radiologisch findet sich typischerweise eine Ausdünnung des inneren Corticalisrand und kein Sklerosesaum.
Knochenlipome (23) lassen sich häufig im Calcaneus nachweisen. Nicht selten sind sie zentral verkalkt. Radiologisch finden sich strahlentransparente, glatt begrenzte Knochenläsionen mit geringgradig sklerosierten Saum.
Man unterscheidet bei den ossären Metastasen osteolytische (24) und osteoblastische Läsionen. Zumeist ist das Achsenskelett betroffen, nur in sehr seltenen Fällen finden sich knöcherne Metastasen distal von Ellenbogen oder Knie. Ossäre Metastasen sind die häufigsten, malignen, ossären Veränderungen. Zu ossären Metastasen führen vornehmlich Mamma-CA, Bronchial-CA, Prostata-CA, des weiteren Nieren-, Colon- sowie Magen- und Schilddrüsen-CA´s. Das Prostata-CA macht typischerweise osteoblastische Metastasen (26). Radiologisch finden sich zumeist multiple osteolytische oder osteoblastische Läsionen, bei Wirbelbefall fallen häufig Bogenwurzeldestruktionen (24b)auf.
Das Plasmozytom (25) tritt häufiger bei Männern als bei Frauen auf. Nicht selten kommt es zur Erstdiagnose nach pathologischen Frakturen. Das Plasmozytom ist der häufigste primär maligne, ossäre Tumor und tritt vor allem zwischen der 4. und 8. Lebensdekade auf. Befallen wird vor allem das Achsenskelett. Radiologisch fallen die zumeist multiplen osteolytischen Herde als typische Schrotschussläsionen, vor allem am Schädel, auf.
Radiologisch zeichnet sich das Osteosarkom (27)durch einen ausgedehnten Mottenfraßaspekt aus. Die knöchernen Läsionen sind zumeist osteolytisch transparent. Die Corticalis ist durchbrochen. Oft zeigen sich lamelläre Periostreaktionen (Kotmanndreieck / Spiculae) Differentialdiagnostisch muss auch an ein Ewing-Sarkom gedacht werden. Das Ewing-Sarkom hat seinen Altersgipfel zwischen dem 5. und 25. Lebensjahr, das Osteosarkom zwischen dem 10. und 20 Lebensjahr. Das Osteosarkom tritt insofern vor allem bei jungen Erwachsenen auf. Befallen sind zumeist der proximale Humerus, der Femur und die Tibia gelenknah. Es finden sich sowohl osteolytische, als auch osteoblastische Läsionen. Es kommt im Rahmen des schnellen Tumorwachstums zu Destruktionen von Cortikalis und Spongiosa und zu einer Infiltration des umliegenden Weichteilgewebes. Typischerweise kommt es zu sogenannten sunburstartigen Spiculae, welche senkrecht zur Knochenachse nachweisbar sind. Bei dem mehr osteoblastischen Sarkomtypen findet sich ein verdichteter Knochen sowie Knochenneubildung in den umliegenden Weichteilen. Die Lungenmetastase vom Osteosarkom zeigen typischerweise Ossifikationen.